Entwurf zur Sanierung der St.-Andreas-Kirche

Die Kirchengemeinde suchte im Jahr 2018 unter Beteiligung der Landeskirche einen geeigneten Planer. In einem mehrstufigen Verfahren entschied man sich aus einer Anzahl von zunächst 6 Bewerbern letztlich für das Büro „soan“ aus Bochum (www.soan-architekten.de). Dieses ist bundesweit laufend genau mit solchen Verfahren, wie hier eines ansteht, beauftragt und verfügt über eine beeindruckende Liste von Referenzen. Auch hier in der Region, wie etwa: Christuskirche Ibbenbüren, St. Marien in Herford oder Neustädter Marienkirche in Bielefeld.

Plan für Gottesdienst
Plan für Konzert

Die Jahre 2019 und 2020 wurden genutzt, um zunächst alle für ein komplexes Sanierungsvorhaben nötigen Grundlagen zu ermitteln. Statiker, Geologen, Akustiker, Baubiologen, Vermesser und Archäologen wurden tätig und erstellten Gutachten. Parallel wurden Überlegungen zur Gestaltung des nach der kompletten Sanierung von Wänden und Boden völlig freien Kirchenschiffes angestellt, in einer vom Presbyterium eingesetzten Steuerungsgruppe diskutiert, teils verworfen, neu formuliert und so zu einem ersten Entwurf verdichtet.

Plan zur Beseitigung des Feuchtigkeitsproblems

Der ca. 750 m² große Innenraum der Kirche soll danach (natürlich!) dem Gottesdienst, aber auch der Musik und darüber hinaus durchaus auch anderen kulturellen und sozialen Funktionen dienen. Es müssen Belange des Denkmalschutzes ebenso berücksichtigt werden, wie auch die langfristige Wirtschaftlichkeit in der Unterhaltung und im Betrieb.

Im Spätsommer 2020 wurde das Ergebnis in mehreren Schritten zunächst dem Presbyterium und dann auch der Öffentlichkeit in Gemeindeversammlungen präsentiert. Die Planer haben zunächst vorgeschlagen, in Fortsetzung des Programms der letzten großen Umgestaltung in den frühen 1960er Jahren den romanischen Kern der Kreuzkirche (ca. 1180) noch stärker in den Vordergrund zu rücken. Das soll in erster Linie durch eine einheitliche Gestaltung der Bodenflächen des Grundrisses  dieser Zeit, z.B. mit Terrazzo, geschehen. Dem gegenüber sollen die gotischen Erweiterungsflügel von 1350 im Süden und Norden mit Holzböden markiert werden.

Blick zum Altarraum
Seitenansicht: rechts Aufgang zur Kanzel, links Altarraum

In der Längsachse des kreuzförmigen Grundrisses soll ein theologisch begründetes Programm erkennbar gemacht werden. Von Osten her gedacht erscheint dort zunächst das alte Viernagel-Kruzifix mit der Figur des  Christus als dem Sieger über den Tod. Erkennbar an der Königskrone und präsent in der Höhe des Raumes. Von ihm geht alles aus, kommt alles her. Dieser Christus soll von seiner derzeitigen Position deutlich näher an die Gemeinde heranrücken.

Gottesdienst

Etwas vor ihm, mittig eingefügt in die Treppe zum Chor soll ein „Ort des Wortes“ entstehen. Hier würde die aufgeschlagene Bibel, prägend für protestantische Kirchenräume, in einer umschließenden, nach vorn offenen Struktur aufbewahrt werden. Weiter nach Westen schließt sich hier, gleichhoch mit  der untersten Stufe, eine längliche Erhöhung der Achse in ca. 1,40 m Breite an.

Sie reicht bis zum zukünftigen Altar, dem Ort des Herrenmahls, der im Schnittpunkt des Vierungsquadrates vorgesehen ist. Seitlich am Pfeiler nach Norden wird das Abendmahlsrelief, hier wie auch in Soest westfälisch mit Spanferkel, auf einem Schrein, der die liturgischen Geräte aufnimmt, seinen Platz erhalten. Zum Abendmahl versammelt sich die Gemeinde barrierefrei in einem Dreiviertelkreis in der Vierung um den Altar.

Aus den bisherigen Bänken werden Blöcke geformt. Diese bieten links, rechts und vor der Erhöhung und dem Altar ca. 135 Sitzplätze für die Gottesdienstgemeinde. Die Sichtbeziehungen sind dabei so gewählt, das von jedem dieser Plätze aus alle liturgischen Handlungen, Lesungen und die Predigt gut verfolgt werden können. Nur für größere Gottesdienste und kulturelle Veranstaltungen kann das Angebot an Sitzplätzen durch Zubestuhlung um weitere ca. 500 ergänzt werden Mit dann ca. 650 Plätzen wird so knapp die bisherige Kapazität wieder erreicht.

Vogelperspektive

Im Schnittpunkt der romanischen Längsachse mit der Linie zwischen den beiden Haupteingängen von St. Andreas kann dann der Taufstein seinen zukünftigen Platz finden. Ankommende Kirchenbesucher werden durch seine zentrale Stellung regelmäßig an die eigene Taufe und die Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde erinnert. Tauffeiern könnten dann in der Weise stattfinden, daß sich nicht nur die Tauffamilien sondern mit ihnen die gesamte Gottesdienstgemeinde in konzentrischen Kreisen um den Taufstein versammelt.

Die für evangelische Christen bedeutsamen Grundlagen Ihres Glaubens, nämlich Christus (solus Christus), das Wort in der heiligen Schrift (sola scriptura) sind somit in einer Linie mit den beiden von Christus gestifteten Sakramenten, nämlich Abendmahl und Taufe im Raum materiell ablesbar.

Der bisherige Altarraum, die Apsis von St. Andreas mit geradem Chorabschluß, früher dem Hochaltar und ab 1295 dem Kollegialstift St. Andreas vorbehalten, soll komplett freigestellt werden und so zukünftig in erster Linie der Musik von Chören und Orchestern dienen.

Grundriss „Raum der Stille“

Es verbleibt dann noch ganz im Westen der Kirche der kleine Raum im Turm. Derzeit wird er nicht wirklich genutzt und dient der Lagerung von Gegenständen. Hier sieht der Entwurf einen „Raum der Stille“ vor. Der kann zur persönlichen stillen Andacht ebenso genutzt werden wie z.B. für Tageszeitgebete, Taizèandachten oder Formate, wie sie jungen Gemeindemitgliedern z.B. aus dem CVJM wichtig sind. Er bleibt ganz flexibel und ist grundsätzlich auch weiter von außen erreichbar. Zum Kirchenschiff werden zwei gläserne Flügeltüren vorgeschlagen, so daß auch z.B. Eltern mit Kindern von hier dem Gottesdienst folgen können.

Raum der Stille

Die vorliegenden Planungen und Entwürfe skizzieren zunächst ein Konzept. Die genaue Gestaltung von einzelnen, teilweise ja stark prägenden Elementen und Prinzipalstücken bleibt späteren Schritten und zwischengeschalteten Diskussionen vorbehalten. Das gilt auch für Farb- und Beleuchtungskonzepte sowie die einzusetzenden Materialien und ihre Bearbeitung.

Gegenwärtig wird mit einem finanziellen Volumen von rd. 2.500.000,00 € für das in wahrscheinlich 2 Abschnitte zu gliedernde Gesamtprojekt gerechnet. 75 – 80 % davon entfallen auf die eigentliche baulich-technische Sanierung, der Rest auf die Gestaltung und Ausstattung.